Osteopathie vs.
Craniosakraltherapie
Gedanken zum Verständnis der Therapieansätze
Was ist der Unterschied zwischen Osteopathie und Craniosacraltherapie?
Kurz und knapp:
Die Craniosacraltherapie ist in den 1970er Jahre aus der Osteopathie heraus entstanden, dessen erstes College schon 1899 entstand.
Die Craniale Osteopathie arbeitet an der Schnittstelle, zwischen den subtilen, unsichtbaren Kräften, die den Körper bilden und regenerieren. Ein Osteopath arbeitet in und mit dem physischen Körper, er nutzt (im Gegensatz zur Akupunktur zum Beispiel) in erster Linie die westliche Anatomie und Physiologie, wie sie bei Schulmedizinern in den Büchern beschrieben ist. Jedoch anerkennt und nutzt er die lebendigen Kräfte die darin agieren, pulsieren und Ordnung und Gesundheit schaffen und erschaffen. Craniosakraltherapeuten arbeiten oft feiner als der Durchschnitt der Osteopathen, weil sie ausschliesslich die subtilen Anteile der Osteopathie erlernen und anwenden. Wichtig ist hierbei der Einschub das es den globalen Durchschnitt betrifft. In einer fundierten Osteopathie Ausbildung erlernt man ebenfalls feinste Behandlungsansätze und ebenso kann in der Craniosakraltherapie mit Impulsen gearbeitet werden die Sie als PatientInnen direkt wahrnehmen können.
Craniosakraltherapeuten haben die kürzere Ausbildung und gelten in der Regel als «weniger medizinisch». Dafür erhält in der Ausbildung die Prozessbegleitung oft mehr Raum als bei Osteopathen. Das hat folgenden Grund: je feiner man der Schöpfung lauscht, desto weniger funktionieren Konzepte, die auf der Idee von Getrenntheit beruhen (z.B. physischer Körper trennen vom Mentalen). Eine ganzheitliche Herangehensweise wird so unumgänglich. Manche Ausbildungsstätten der Osteopathie vernachlässigen diesen subtileren Teil in der Grundausbildung, zu Gunsten eines scheinbar seriöseren Auftretens gegenüber der akademischen Schulmedizin, denn wissenschaftliches Auftreten ist der osteopathischen Gemeinschaft in der Regel ein hohes Anliegen. Im Idealfall befruchten sich beide Seiten gegenseitig.
Ein Craniosakralherapeut der sich weiterbildet, die Anatomie detailliert erlernt und Faszien, Wirbelsäule und Organe miteinbeziehen lernt, kann ein der Osteopathie gleichwertiges Wissen erreichen. (Wobei unbedingt erwähnt werden muss, dass Wissen sehr hilfreich sein kann, aber wissen heilt nicht).
Somit ist der einzig eindeutige Unterschied, dass Craniosakraltherapeuten per Gesetz nicht manipulieren dürfen (absichtlich «Gelenke knacken lassen» in der Manier von Chiropraktiker, auch Thrust, Osteoarticular- oder High-Velocity Low-Amplitude Technique genannt).
Entstehung der Cranialen Osteopathie
W.G. Sutherland und Charlotte Weaver waren Schüler des Gründers der Osteopathie, A.T. Still. Sie hatten bei Ihrem Mentor gelernt so subtil dem Körper zu lauschen, dass sie die spontanen Bewegungen von Knochen wahrnehmen konnten. Im lebenden Organismus (im Universum generell) ist nichts wirklich statisch, regungslos. Es ist nur so, dass wir ab einer bestimmten Schwelle, die Bewegungen nicht mehr wahrnehmen. Die spontanen, unwillkürlichen Bewegungen im Menschlichen Körper sind von einer solchen Kraft und Amplitude, dass sie von ungeübten Menschen in der Regel nicht mehr registriert werden, jedoch mit etwas Übung noch im Rahmen der menschlichen Wahrnehmung liegen. (Studien haben gezeigt, dass geübte Hände Bewegungen von bis zu 10 Mikrometer akkurat wahrnehmen können). Sutherland wurde schon seit der Ausbildung von der Frage verfolgt, weshalb Schädel Suturen aufwiesen (also membranöse Unterbrüche im Knochen), denn ihm war klar, dass es in der Schöpfung nichts ohne Grund gibt. Zusammen mit C. Weaver, untersuchen sie sorgfältig die Bewegungen der 22 Schädelknochen und der Membranen der Schädles an anatomischen Preparaten, an hunderten von Patienten und an sich selbst. Sutherland trägt tagelang selbstgebastelte Helme, die gewisse Schädelknochen einzeln blockieren, bis er am eigenen Körper die Symptome seiner Patienten reproduzieren kann und experimentiert mit den Ergebnissen in seiner Klinik. Trotz der Wissenschaftlichkeit seines Forschergeistes, war im frühen zwanzigsten Jahrhundert offensichtlich, wie verpönt seine These sein würde. Erste Artikel erscheinen hinter einem Pseudonym versteckt. Erst nach zwei Jahrzehnten findet sein Craniales Konzept bei wenigen Osteopathen Anklang. 1953 wurde die Sutherland Cranial Teaching Fondation (SCTF) gegründet, um dieses Wissen an andere Kollegen weiterzugeben. Die Atmosphäre glich damals allerdings der, einer geheimen Gesellschaft. Zu gross war die Angst von de akademischen Elite als Scharlatane an den Pranger gestellt zu werden. Die mechanischen Aspekte des Cranialen Konzeptes sind heute weit verbreitet und auch die philosophisch-feinstofflichen Hintergründe oft beschrieben. Dennoch bestanden bei der Begegnung mit den Mitgliedern der ursprünglichen Kerngruppe keine Zweifel, dass sie mehr wussten und wahrnahmen, als sie je in Kursen vermittelt haben. In ihre Geheimnisse wurden vor ihrem Tod höchstens eine Hand voll Menschen eingeweiht.
Hintergründe des Cranialen Mechanismus
Die unwillkürlichen Bewegungen der Gewebe wurden erstmals am knöchernen und membranösen Schädel so detailliert beschrieben. Doch integraler Bestandteil des Cranialen Mechanismus sind die Faszien. Diese Aussage meint unmissverständlich, dass die beschriebenen Fluktuationen zwar ihren Ursprung im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) zu haben scheinen, jedoch absolut jeden Bereich des Körpers durchdringen und einbeziehen. Das Gegenteil von einem getrennten Konzept ist der Fall: Das Studium und die Arbeit damit verdeutlicht das Ganzheitliche im Menschen: alles steht in wechselseitiger Kommunikation, ist abhängig voneinander und kann nur als Einheit kohärent funktionieren. Eine Schlüsselrolle dabei spielen die Flüssigen Aspekte der Körpers. Die gesamte «Körpersuppe» hat unterschiedliche Rhythmen in unterschiedlichen Bereichen und ist dennoch ein einziger, einheitlicher «Pool». Wasser Wellen sind zeitlich verschoben and unterschiedlichen Orten, Gezeiten und Wellen haben ihre eigene Dynamik und dennoch wird man nichts davon verstehen, wenn man nicht den Ozean als ganzes begreift. Die Flüssigkeiten sind von zentraler Bedeutung, weil sie als Schaltstelle, als Interface zwischen den subtileren, unsichtbaren Kräften der Schöpfung und der festen Materie fungieren. Ist man in die Bewegung der Flüssigkeiten «eingelogt» steht man sozusagen an der Schwelle und kann beobachten woher Gesundheit kommt auf der einen Seite (subtil) und wo sie hingeht auf der anderen Seite (materieller Körper). Dies lässt sich therapeutisch natürlich nutzen.
Craniale Osteopathie und Wissenschaft
Schon immer hatte die Craniale Osteopathie einen schweren Stand gegenüber der akademischen Welt. Auf der anderen Seite verstand sich die Osteopathie immer als eine Wissenschaft und eine Kunst. Schon anfangs der des zwanzigsten Jahrhunderts betrieben Osteopathen systematische Studien, wie die Schulmedizin auch. (Man bedenke, dass das erste Patent auf ein Medikament 1921 erfolgte. Erst die Vermarktung der Medizin schuf den heutigen Graben an Forschungsmittel und medialer Präsenz). Einige Erkenntnisse die man intuitiv der Schulmedizin zuschreiben würde, stammen sogar aus der osteopathischen Forschung. So schrieb man zum Beispiel dem Rückenmark in den 60er und 70er Jahre noch keinerlei verarbeitende Funktion zu, es galt als simples Bündel von Kabeln. Die Aufnahme, Verarbeitung und Auslösung von Nerven-Impulsen sah man ausschliesslich im Gehirn. Da die Osteopathen schon immer die Wechselwirkung zwischen Wirbelsäule und Organfunktionen als fundamentalen Pfeiler ihrer Behandlungen sahen, stellten Sie Forscher zu diesem Thema am Osteopathie College in Kirksville (USA) an. In seiner Jahrzenhte langen Forschung legte Irvin Korr bis zum Ende der 1970er Jahre die Basis für das Verständnis der Rückenmarkphysiologie, wie wir sie heute kennen. Die von Marion Clark schon 1906 sehr ausführlich beschrieben Zusammenhänge waren ein halbes Jahrhundert lang Basiswissen eines jeden Osteopathen, doch erst Irvin Korr lieferte dafür wissenschaftliche Belege und erste theoretische Erkenntnisse bezüglich des Rückenmarks. Auch innerhalb der Cranialen Osteopathie gibt es eine grosse Menge bestätigender Forschungsergebnisse, die belegen, was «man» lieber nicht hören möchte. Wie die Geschichte jedoch unmissverständlich demonstriert (sobald man willens ist, sich in das Thema einzuarbeiten), hängt die Anerkennung in universitären Kreisen viel mehr von etablierten Meinungen und Politik ab, als von tatsächlichen Forschungsergebnissen.
Streitigkeiten in der osteopathischen Gemeinschaft
Im Bestreben von Akademiker als «wissenschaftlich» angesehen zu werden, negierten viele Osteopathen das Craniale Konzept. Ihnen gilt der Dank aller Osteopathen, die heute in vielen Länder als seriöser und medizinischer angesehen werden, als manche anderen alternativen Methoden. Dennoch wird ohne die Anerkennung dieses Lebenden Prinzips im Menschen, die Osteopathie zu einem rein mechanischen Handwerk degradiert und unterscheidet sich kaum von anderen rein mechanischen Medizinformen. In manchen Ländern wie Grossbritanien koexistieren diese unterschiedlichen Auffassungen harmonisch. Osteopathen sehe sich als glückliche Figuren einer sehr vielfarbigen und variierten Gattung und anerkennen respektvoll die Fähigkeiten und Vorzüge eines Kollegen als Bereicherung für die Gemeinschaft. In anderen Ländern wie Frankreich entwickelte sich ein Grabenkrieg, bei dem jede Front die andere als Verräter an Berufsstand ansieht.
Entstehung der Craniosakraltherapie
Ende der 1970er Jahre wurde das Craniale Konzept erstmals an Nicht-Osteopathen weitergegeben. John Upledger beging «die Gräueltat», diesen Teilaspekt einer grösseren Vision des Menschen, heraus zu pflücken und ihn einzeln zu vermitteln. Seine Idee, es sei leichter «ignoranten Laien» dies beizubringen, als vermeintlich «wissenden» Behandler, die sich mit ihren vorgefertigten Meinungen über Gesundheit selbst im Wege stehen, war durchaus berechtigt. Die Tatsache jedoch, dass er mit diesem «Blasphem» auch noch viel Geld verdiente und es als seine eigene Entdeckung verkaufte, brachte ihn natürlich bei den Berufs-Kollegen in Verruf. Auch innerhalb der CS gibt mehr und weniger mechanische Fraktionen. Die biodynamische Osteopathie oder CS stützt sich auf subtilere Kräfte und langsamere Rhythmen und beachtet da tatsächliche Uhrwerk der Strukturen kaum mehr oder gar nicht. Wobei dieser Begriff auch irreführend sein kann, denn auch hinter dem schnelleren Rhythmus (PRM genannt) und hinter jeglicher organischer Manifestation grundsätzlich steckt die Wirkung dieser Biodynamischen Kraft.
Berufspolitische Abgrenzung
Die Biodynamische Kraft hat den gesamten Körper von innen herausgebildet, gleich einem Origami der aus der ersten einzelnen Zelle einen gesamten Menschen faltet und wachsen lässt. Gleich einem Töpfer an der Töpferscheibe, kann diese Kraft vom Behandler genutzt werden, um den Menschen wieder zurück in seine Gesundheit zu «töpfern». Um sich berufspolitisch zu positionieren verkündete die Craniosakraltherapie in den nuller oder 10er Jahren sinngemäss, sie würde den Menschen «von innen heraus» behandeln, «im Gegensatz zu Osteopathie», die von aussen nach innen arbeiten würde. Das könnte der passionierte Osteopath als Beleidigung auffassen, aber so konnten wenigstens beide Fachrichtungen ihr Dasein in der Komplementären Medizin rechtfertigen.
Die Situation heute
In der Theorie braucht es also keine Craniosakraltherapeuten, solange es Osteopathen gibt, denn sie beherrschen nur einen Teil der Osteopathie. Die Praxis sieht natürlich ganz anders aus. Ich will hier die zwei Extremen beschreiben, die meiner Ansicht nach beide vom Pfad abgekommen sind. Das heisst übrigens nicht, dass sie einen schlechten Job für Ihre Patienten machen würden, nur dass der Titel die Tätigkeit nicht korrekt spiegelt. Auf der einen Seite der «Osteopath» der nichts von diesen Kräften und von einem holistischen Ansatz wissen will und rein manipulativ arbeitet, ähnlich wie ein Chiropraktor. Analythisch, dem Buchwissen folgend, ohne je den ungleich viel komplexeren Körper selbst zu fragen, was tatsächlich zu seinem Besten ist. Auf der anderen Seite der Craniosakraltherapeut, der nicht mal den Cranialen Mechanismus kennt und lediglich mit aufgelegten Händen seine Aufmerksamkeit und den Patienten mit subtilen Kräften verbindet und auf diesen Wellen reitet, in der Hoffnung, etwas Gutes würde schon geschehen. In der Goldigen Mitte treffen sich die zwei Berufsgattungen in einer Gemeinsamen Schnittmenge. Theoretische Wissen beflügelt die präziese Beobachtung, die Physiologie des Patienten jedoch bleibt federführend und löst mehrheitlich die Problem selbst, mit lediglich etwas Hilfe von aussen. So gibt es unter Umständen Craniosakralherapeuten, die von Osteopathie mehr begriffen haben, als gewisse Osteopathen. Der Übergang ist unscharf und flüssig.
Fallen und Chancen
Durch diese Situation der Craniosakraltherapie ist es möglich, mehr Menschen «etwas Gutes» zu tun, denn es gibt viele Craniosakraltherapeuten, die wegen des grossen Umfanges eine Osteopathieausbildung nicht angegangen wären und auf diese Weise doch die Möglichkeit erhalten, ihr natürliches, heilerisches Talent anderen zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite, tendieren wir Dinge weniger ernst zu nehmen, wenn wir sie günstiger erhalten. Man findet folglich mehr Craniosakraltherapeuten als Osteopathen, die die Sache nicht ganz so ernst nehmen und denken es reiche, so nebenbei einfach «ein Nettes zu sein» und seine Hände aufzulegen, ohne grosse Disziplin im Studium und in der Selbstentwicklung. Osteopathen hingegen droht je nach Ausbildungsstätte und Persönlichkeit, dass sie denken sie wüssten, einfach weil sie es so gelernt haben und so dem Körper nicht mehr zuhören können und somit Lösungsansätze bieten, die ihrer Ratio entspringen und mit dem, was der Körper für seine Heilung verlangt, nichts zu tun haben.
Im Endeffekt würde ich persönliche viel mehr Wert auf den Ausführenden Menschen legen als auf eine Fachrichtung oder Ausbildung.
Kopf-Wissen eröffnet Möglichkeiten. Aber Wissen alleine heilt nicht.
Nur das Herz heilt.
Wie können so kleine, feine Impulse so viel auslösen?
Stellen sie sich vor, sie sitzen mit einem ernsthaften Problem beim Psychotherapeuten. Erwarten sie die grössten Erfolge von demjenigen Therapeuten, der am lautesten redet, von dem der am meisten redet oder von dem der wirklich zuhören kann und im richtigen Moment die richtige subtile Aussage macht? Viele Patienten sind erstaunt, wenn sie sich verspannt hinlegen, wir eine Zeit lang «kaum etwas tun» und sie danach aber sehr entspannt und gelockert wieder aufstehen. Ein Grundsatz der Osteopathie lautet: find it, fix it, leave it (finde es, löse es, lasse es in Ruhe). Dabei kommt dem «fix it» nicht unbedingt die grösste Bedeutung zu. Es geht darum Muster und Mechanismen zu erkennen und dann adäquat zu handeln. Angenommen sie sind blind, wissen nichts über Gürtel und haben einen Gurt an der Sie einengt. Ihr Arzt gibt ihnen ein Medikament, dass das Polyester aufweicht, nur dummerweise wirkt es nicht, weil Ihr Gurt aus Leder ist. Ihr erster Therapeut rupft schnell und heftig daran und erzielt auch keine Erfolge. Der nächste Therapeut behauptet, man müsse an dem Gewebe lange und langsam ziehen, damit es reagiert. Der dritt meint man müsse einfach noch viel mehr und gibt ihnen Hausaufgaben mit, sie sollen täglich 10 Minuten selbst daran ziehen und dehnen. Und nun liegen Sie beim Osteopathen auf dem Tisch. Nachdem alle mit ganzer Kraft gezogen haben sind Sie skeptisch, als er mit kaum Kraftanwendung die Gürtelschnalle löst. Dennoch fühlen Sie sich freier, wenn Sie wieder aufstehen. Dies versinnbildlicht was es heisst, einen Mechanismus durchblickt zu haben und feine Kräfte auf die richtige Art spielen zu lassen. Grosse Probleme brauchen nicht notwendigerweise spektakuläre und bombastische Lösungen. Die Gesundheit lebt von Ordnung auf einer sehr subtilen Ebene. Entsprechend ist nachhaltige und wahrhaftig heilbringende Medizin oft fein und unscheinbar.